Baustelle mit Familien-Back-up

 

Stolz & Seng vertraut in die Zukunft und erweitert seine Kapazitäten. Im Gewerbegebiet Aasen entsteht derzeit ein Neubau, mit dem das Kunststoffspritzguss- und Formenbau-Unternehmen seine Grundfläche von 3700 m2 um weitere 2700 vergrößert – mit der Option, mittelfristig noch 1200 m2 hinzuzufügen. „Wir haben die Hütte voll mit Maschinen und konnten die letzten ein bis zwei Jahre nicht expandieren“, sagt Seniorchef Reinhard Stolz. „Wir wollen aber mit den bestehenden Kunden mitwachsen und auch neue hinzugewinnen, dafür benötigen wir einfach den Raum.“ Wegen des Dieselskandals hatte das Unternehmen den Baubeginn von 2019 auf Anfang 2020 verschoben. Jetzt wird trotz Corona weitergemacht. Der Rohbau steht und noch vor dem Winter soll das Dach fertiggestellt sein. Im Herbst 2021 ist die Einweihung des Gebäudes geplant.

 

Für Stolz & Seng betreut das Bauprojekt Reinhard Stolz, der sich im Juni 2019 nach 52 Berufsjahren aus der Geschäftsführung zurückgezogen hat. Damit kann sich sein früherer Partner Christian Seng, heute alleiniger Geschäftsführer, auf das Tagesgeschäft des Unternehmens konzentrieren. „Bauen ist ein bisschen mein Hobby: Wenn ich privat und geschäftlich zusammenzähle, habe ich in meinem Leben bisher 14 Bauanträge gestellt“, sagt Reinhard Stolz und ergänzt: „Außerdem ist mein Bruder Bauleiter unseres Architekten. Wenn wir so etwas zusammen durchziehen, klappt das immer recht gut – vier Augen sehen mehr als zwei.“ Doch damit nicht genug: Der 66-jährige hat auch selbst auf der Baustelle angepackt und mit Christian Sengs Vater Heinz ein weiteres „Familienmitglied“ involviert.

 

„Die gesamten Erdarbeiten haben wir nicht extern vergeben, sondern mit Hilfe eines befreundeten Tiefbauunternehmers zum Großteil in Eigenleistung erbracht. Heinz ist immer wieder Radlader gefahren, ich Bagger.“ Inzwischen hat der gelernte Werkzeugmachermeister etwa 300 Stunden in der Baugrube gebaggert und kommt gut mit seiner neuen Maschine zurecht. Einen kleinen Zwischenfall gab es allerdings, wie er schmunzelnd erzählt: „Der Bagger ist hinten einen halben Meter länger als an der Seite. Da hat’s auch mal den Außenspiegel eines Lkw erwischt …“

 

Wie wird der Neubau nach seiner Fertigstellung genutzt? Im Erdgeschoss ist Raum für zusätzliche Produktionskapazitäten. 10 Maschinen kommen zu den 35 vorhandenen in den bestehenden Gebäuden. Die neue Versandabteilung und die Baugruppenmontage werden im ersten Stock angesiedelt sein. Der zweite Stock soll eine Kantine mit bis zu 120 Plätzen und Schulungsräume beherbergen. Auch eine Kindertagesstätte ist angedacht – wenn in Zukunft ein derartiges Angebot im gesamten Gewerbegebiet Anklang findet. Mit dem Neubau bekommt Stolz & Seng eine übergreifende Belüftungsanlage, die das Raumklima auch in den bestehenden Gebäuden verbessert. Außerdem ermöglicht die vorliegende Genehmigung einen zweiten Bauabschnitt. Er bestünde aus einer reinen Produktionshalle mit weiteren 1200 m2. Je nach Konjunkturverlauf wird diese Planung mittelfristig umgesetzt.

 

Als umweltzertifiziertes Unternehmen beschäftigt sich Stolz & Seng seit geraumer Zeit mit dem Thema Nachhaltigkeit: Die Fotovoltaik-Anlage auf den Dächern gibt es bereits seit 12 Jahren. Beim Neubau soll die gesamte Süd- und Westseite mit Sonnenkollektoren verkleidet sein. Der Strom wird dazu beitragen, die Energiekosten des Unternehmens zu senken. Sie liegen wegen des hohen Energiebedarfs der Maschinen bei derzeit 35.000 Euro im Monat. Allerdings kann dieser Verbrauch teilweise umgemünzt werden. „Bei Stolz & Seng wurde von Beginn an sämtliche Abwärme der Spritzgießmaschinen in eine Fußbodenheizung geleitet, um für die Grundwärme in den Büros und der Produktion zu sorgen – so auch im Neubau“, erklärt Reinhard Stolz. „Was wir darüber hinaus brauchen, wird mit zwei motorisch angetriebenen Gaswärmepumpen sparsam und klimaschonend erzeugt.“ Angesichts dieser Anstrengungen beim Energieverbrauch und Investitionen im Bereich Isolation konnte der Neubau den KfW-Effizienzhaustandard 55 erfüllen. Er setzt hohe Hürden, die bei Industriebauten nur selten eingehalten werden. Dadurch erhielt das Unternehmen günstige Kredite und Zuschüsse von der KfW-Bank.

 

Eine Sache sähe Reinhard Stolz am Neubau sehr gern verwirklicht: die Rutsche aus dem zweiten Stock. „Das ist so eine wie im Schwimmbad – ein echter Hingucker, und sie könnte sogar ein Treppenhaus zur Evakuierung sparen. So eine muss her! Wenn mein Geschäftspartner Christian Seng das freigibt …“, erzählt er vergnügt. Im Moment ist die Budgetplanung des Neubaus auf 5 Millionen Euro gedeckelt. Ob da die Kosten für die Einweihung berücksichtigt sind? Denn: „Wir haben noch immer ein Fest gemacht!“, sagt Reinhard Stolz. Danach will er sich endlich wieder seinem Hobby widmen, den Oldtimern. Ein komplett demontierter Mercedes wartet darauf, wieder zusammengeschraubt zu werden: „Das ist ein Projekt für ein bis zwei Jahre.“ Was ziemlich genau der Bauzeit der Firmenerweiterung entspricht …

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